Autonomes Fahren & Politik | Weißbuch
Das Kapitel mit dem Titel “Autonomous Drving – Political, legal, social, and sustainability Dimensions” ist von M. A. Schreurs und S. D. Steuwer der FU Berlin.
Mit Blick auf die technische Entwicklung analysieren die beiden Frauen in diesem Kapitel des Weißbuchs der Villa Ladenburg den Wettbewerb der Hersteller für das Autonomes Fahren im Verhältnis mit den politischen Faktoren der jeweiligen Länder. Dabei blickt man auf die USA, Japan und die EU, hierbei auf Schweden und Deutschland.
Die Innovationen auf dem Gebiet werden durch ihren Stand und ihre Richtung unterschieden. Und die Wechselwirkung von politischen Akteuren und der Institutionen, sowie auch zur Technik werden betrachtet.
In puncto Politik und deren Einfluss gibt es Unterschiede. Von der Entwicklung von Hilfsassistenten, die schon seit Dekaden in Autos sind, bis zur neuer Entwicklung hin zur Teilautonomie der Fahrzeuge, gibt es unterschiedliche Entwicklungen bezogen auf die Regulierung der Staaten. Assistenzsysteme sind mit den Regularien generell besser vereinbar als radikalere Ansätze, wie eben das Teilautonome Fahren und sie erfordern weitere Fragestellungen, wie der Datenschutz.
Mit der Etablierung der Technologie bilden sich auch neue Akteure heraus, welche politische Interessen verfolgen. Die Firmen stehen zwar im Wettbewerb, doch arbeiten sie zusammen, wenn es um die Veränderungen der Regularien geht, so die Autorinnen. Und wenn es um die bereits von einigen Unternehmen angekündigte Kommerzialisierung geht, so hat die Politik – wie in den USA – bereits teilweise reagiert. Doch mit einer fortschrittlicheren Technologie wächst der Druck auf die Politik zu handeln. Mit steigendem Fortschritt bedarf es einer gesteigerten Regulierung.
Wenn es um radikalere, technische Änderungen geht, wie das Autonome Fahren, dann hat die Politik nur wenig Zeit darauf zu reagieren. Auch wenn die Beispiele zeigen, dass die Politik ungern in laufende Entwicklungen eingreift, so tut sie es doch zuweilen. So bei der Entwicklung der Kernenergie oder die E-Mobilität. Und zuweilen muss die Politik eingreifen, wie das Beispiel Umweltschutz zeigt.
Autonomes Fahren in der EU | Weißbuch
Am Beispiel von Europa hat man die Visionen Europas zum Thema Transport an Hand von Strategiepapieren analysiert. In Europa wird das Autonome Fahren als Zukunftsmusik gehandelt. Der Fokus bezieht sich auf den industriellem Wettbewerb, die Nachhaltigkeit, die Effizienz, die Sicherheit und die Mobilität für Ältere. Dennoch wird es in Europa nicht stark thematisiert. In den EU-Papieren geht es vor allem um Klimaschutz und digitale Infrastruktur. Das Strategiepapier der EU ist hierbei das CAR 2020 Dokument.
Bei der Frage der Wettbewerbsfähigkeit in der EU werden drei Themen unterstrichen, Effizienz, Umweltschutz und Sicherheit. Bei der Frage der Effizienz und Nachhaltigkeit will man bis 2050 die Emissionen um 60 Prozent reduzieren. In Sachen Vereinheitlichung in der EU sieht man sich mit dem eCall auf gutem Weg. Die Vision Zero, also keine Verkehrstoten mehr bis 2050, versucht man mit Fahrassistenzsystemen und Vernetzung zu erreichen, neben Training und Schulungen. Zusammenfassend muss man konstatieren, dass das Autonome Fahren nicht vorkommt, auch wenn Smarte Technologie erwähnt wird.
Dennoch hat die EU einige Projekte aufgestellt, wie das Galileo Projekt (ein EUeigenen GPS), TAXISAT für Taxis, das SARTRE Projekt, HAVE-it und private Projekte und gemeinsame Projekte von öffentlicher Hand und Unternehmen: AdaptIVe und InteractIVe. Derzeit hat die EU beispielsweise das Projekt Horizon 2020 zum Thema Autonomes Fahren.
Auch wenn das Autonome Fahren die von der EU präferierten Thema einschließt, scheint man diesen Weg in der Politik nicht gehen zu wollen – so die Autorinnen. Damit umgeht man die Auseinandersetzung mit dem Thema, wie es aussieht.
Über allem schwebt auch das Wiener Abkommen zum Straßenverkehr, das 2014 durch den Anstoß der Regierungen von Deutschland, Italien, Frankreich, Belgien und Österreich geändert wurde. Jetzt darf man Autonomes Fahren erlauben, solange der Mensch das Steuer jederzeit übernehmen kann (und meine Anmerkung: nicht schneller als 10 km/h fährt).
Autonomes Fahren in der USA | Weißbuch
In den USA ist das Autonome Fahren mit ein Lizenz in Kalifornien, Michigan, Nevada, Florida und DC erlaubt, weitere sechs Staaten (Arizona, Colorado, New Hampshire, Oklahoma, Oregon und Texas wollen es bald erlauben. Auch in Nord-Dakota wird diskutiert (Anm.). Und weitere werden dem Beispiel folgen. Daran hat Google einen gehörigen Anteil.
Dennoch hat man für den frühen Stand der risikoreichen Technologie keine volle Legalisierung vorgesehen, auch nicht von der Industrie gewünscht. Aber man wünscht sich eine Vorreiterrolle, weswegen nicht wenige Akteure sich für das Autonome Fahren stark machen. Man blickt dabei vor allem auf die Vorteile der Sicherheit, der Komforterhöhung, Verkehrsreduzierung und die Mobilität älterer Menschen. Google habe bei geholfen den Diskurs weltweit einzubringen. Seit 2013 hat die NHTSA die Klassifkation von 0 bis 4, von manuellem bis autonomem Fahren (siehe auch Glossar), bekannt als SAE Stufen.
Autonomes Fahren in Japan | Weißbuch
Auch Japan wurde von Google beeinflusst, so die Autorinnen. Seit 2013 testet Nissan sein Autonomes Fahrzeug und der Nissan Leaf war das erste Auto, dass E-Motor mit einem Assistenzsystem verband. Selbst der Premierminister Abe hat die selbstfahrenden Autohersteller: Toyota, Honda und Nissan angeregt, ihr Bestes zu geben.
Autonomes Fahren in Großbritannien | Weißbuch
Auch in Großbritannien hapert es an regulatorischen Faktoren, so fehlt eine klares Bekenntnis. Dennoch hat man rund 6 Millionen Pfund für die Entwicklung von moderenen Transportsystemen und Autonomem Fahren investiert. Eine Anmerkung: Dennoch hat man ein großangelegtes Projekt mit verschiedenen Städten gestartet.
Autonomes Fahren in Schweden | Weißbuch
Schweden ist ein Pionier auf dem Gebiet des Autonomen Fahrens. Die Regierung hat es Volvo erlaubt mit normalen Menschen die Fahrzeuge zu nutzen. Dabei wird das Projekt Drive Me und die Vorgabe bis 2020 die Technik der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen erwähnt. Die Zusammenarbeit zwischen der Regierung und Volvo ist eng. Dabei geht es der Regierung weniger um Sicherheit als mehr um den Klimawandel und Nachhaltigkeit.
Autonomes Fahren in Deutschland | Weißbuch
Das längste Abschnitt des Kapitels im Weißbuch widmet sich Deutschland. Zunächst verweist man auf Annette Schavan und das Projekt AutoNOMOS, was mit 2,2 Millionen Euros unterstützt wurde. Außerdem die Projekte der TU-Braunschweig (Stadtpilot) und der TU Darmstadt (Conduct-by-Wire). Die Kategorisierung ist in Deutschland ähnlich der oben erwähnten SAE Stufen, aber eine mehr. Deutschland hat nicht nur Mercedes-Benz, deren Bertha-Fahrt Erwähnung findet, sondern auch Audi, BMW und Zulieferer wie Continental und Bosch, die an der Autonomie arbeiten. Die Regierung in Deutschland hat bisher aber noch nicht reagiert. (wobei man im September ein Regelwerk vorlegen will, aber nicht zu Autonomem Fahren, da es noch zu weit weg sei).
Als Lobbygruppe übt der VDA Druck auf die Politik aus. Das zentrale Moment zum Autonomen Fahren sei der Runde Tisch, an dem der VDA, das Verkehrsministerium, das Energieministerium, Fachpersonal vom Fraunhofer Institut, und DLR, Gewerkschaften, VDIK, der Versicherungsverband, der ADAC und der TÜV beteiligt sind. Derzeit wird aber Autonomie dort noch nicht behandelt.
Zusammenfassend sagen die Autorinnen: Der Diskurs über das Autonome Fahren ist verhalten und kein Teil der Mobilitätsstrategie. In den USA geht es vor allem um Sicherheit, in Japan um Wettbewerbsvorteile, in Schweden um Nachhaltigkeit und in Deutschland ist Autonomes Fahren etwas für Luxusautos.
Die Reaktion der Politik der USA soll ein Wettbewerbseffekt sein und in Japan glaubt man an die eigene Fortschrittlichkeit.
Es bedarf wohl der Stakeholder um den Diskurs weiterzutreiben. Dass das nicht immer Autohersteller sein müssen, zeigt Google in den USA. Außerdem könnten Fortschritte anderer Länder Anreize bieten, kleinere oder untraditionelle Akteure den Diskurs vorantreiben. Möglich ist auch, dass die Kommerzialisierung die Politik agieren lässt oder die Vision Zero veranlasst die Politik zum Handeln. Weitere Faktoren könnten der Datenschutz, der Umweltschutz oder die voranschreitende Technologie sein.